Beziehungskisten
Fotos, alte Kinderspiele, Rezepte der Großeltern, Mitbringsel der Familie, das sind einige der Dinge, die in den Beziehungskisten unserer Ausstellung zu sehen sind. Hier zeigen Bewohner*innen Gegenstände, die mit ihrer Familie oder ihrer persönlichen Geschichte in Beziehung stehen. Es kann auch selbst eine Kiste gestaltet werden, wenn sich die Erzählung nicht durch ein konkretes Objekt darstellen lässt. So haben Teilnehmer*innen zum Beispiel Gärten und Kinderspiele nachgebaut oder visualisiert. In einer offenen Werkstatt können Kisten gestaltet werden und die Teilnehmer*innen haben die Gelegenheit, sich zu ihren Erzählungen auszutauschen. Die Galerie der Beziehungskisten wird nach und nach erweitert.
Das grüne Bett
Wir sind 1970 ein Studentenehepaar, haben sehr wenig Geld, aber eine kleine Tochter, zwei Jahre alt. Sie kann schon etwas sprechen, aber manche Wörter fallen ihr schwer, zum Beispiel das Wort Zwerg. Statt Zwerg sagt sie immer etwas, dass sich wie Warb anhört. Sie liebt einen kleinen Plastikzwerg, vielleicht 10 cm lang, mit roter Mütze, einem braunen Bart und grüner Kleidung, alles schon so abgegriffen, dass der weiße Kunststoff überall zu sehen ist. Für ihre Eltern, also uns, sind Zwerge der Inbegriff der Spießigkeit. Wir schämen uns fast für ihren Geschmack, aber was sollen wir machen? Sie liebt ihn und wir lieben sie. Da sie ihren Zwerg jeden Abend auf den Boden legt und mit einem Taschentuch zudeckt, stellen wir ihr ein Mini-Kinderbett aus Pappe und alten Holzleisten mit Decke und Kopfkissen her. Jetzt wird der Zwerg abends richtig zu Bett gebracht. Und dann singt sie: Schlaf Warb, schlaf… und wir haben den Eindruck, dass sie sich freut, dass wir ihre Zwergenliebe ernst nehmen.
Eckehard
Der Garten
Diese Kiste ist die Erinnerung an unseren Garten in Kabul im Stadtteil Parmon. In dem Garten habe ich schon als Kind gespielt und wir sind mit der Familie dort spazieren zu gegangen. Unser Haus lag in einem anderen Stadtteil von Kabul und wir sind oft mit dem Auto in den Garten gefahren, das dauerte ungefähr eine halbe Stunde. Bis ich sechzehn Jahre alt war, war ich oft in diesem Garten. Der Garten war sehr groß, es gab Obstbäume und einen Sauerkirschenbaum. Der Garten wurde im Krieg zerstört. Wie es heute dort aussieht und ob der Stadtteil kaputt ist weiß ich nicht.
Nafissa
Die Elefanten
Elefanten sind wunderbare Tiere, ausdrucksstarke, freundliche und intelligente Wesen, viel intelligenter als wir uns das vorstellen können. Mit einem guten Gedächtnis. Mein Großvater erzählte mir als Kind im Jahre 1956 folgende Geschichte: Ein Mann ging regelmäßig in den Zoo und fütterte die Elefanten. Er staunte, dass ein Elefant mit seinem großen Rüssel ein ganzes Brot greifen und fressen konnte. Eines Tages gab er dem Elefant ein in Essig getränktes Brot, um zu sehen, ob er auch das fressen würde. Der Elefant ließ es aber fallen. Viele Jahre später besuchte dieser Mann eine kleine Zirkusvorstellung im Zoo. Als die Elefantenherde in die Arena geführt wurde, brach der Elefant laut trompetend aus der Reihe aus. Er hatte den Mann unter den Zuschauern erkannt und versuchte ihn mit seinem Rüssel zu greifen. Mein Großvater erklärte mir mit dieser Geschichte, dass man vorher überlegen sollte, was man tut und Tiere niemals ärgern darf. Ich war damals so ca. acht Jahre alt. Aber oft kam mir im Laufe meines Lebens diese Geschichte in Erinnerung. Weil ich diese sozialen Tiere so bewundere, möchte ich „meinen Elefanten“ die ich zum Geburtstag bekam, einen neuen Platz im Café Büchner geben.
Krista
Die Tasche
Die Tasche ist für mich eine Erinnerung an meine Großmutter. Ich habe meine Oma selber noch gekannt. Sie hat sowohl die Wolle für die Tasche selber hergestellt und sie auch gefärbt. Es ist alles komplett von ihr handgemacht. Sie hat die Tasche dazu benutzt, Dinge auf den Schultern zu tragen. Man sieht ihr an, dass sie oft benutzt wurde. Meine Oma kommt aus Corun und hat dort ihr Leben lang gewohnt. Ich selber lebe in Hamburg und habe die Tasche in meiner Wohnung in einem Koffer aufbewahrt. Sie ist für mich eine Erinnerung an meine Oma und meine Familie.
Nurgül
Der Küchenschrank
Der Küchenschrank steht zuhause bei mir in der Küche. Ich habe ihn von meiner Oma geerbt und er ist für mich ein Erinnerungsstück. Die Rezepte habe ich mehrfach ausgedruckt zum Mitnehmen, sie sind ebenfalls von meiner Oma.
Diana
Gummitwist
Das Spiel ist eine Erinnerung an meine Kindheit in Russland. Ich habe in der Stadt gewohnt und da immer auf einem Parkplatz zusammen mit Freundinnen Gummitwist gespielt. Um uns herum waren viele große Häuser. Auf Russisch heißt das Spiel „рези́ночка “ Wenn ich daran denke, macht es mich glücklich. Heute habe ich manchmal auch noch Lust einfach eine Runde zu springen.
Julia
Die Seifenblasen
Ich habe immer Seifenblasen dabei. Ich besitze im Moment drei kleine Flaschen, die in meinen Taschen verteilt sind. Wenn ich nicht so gut drauf bin und eine kleine Aufheiterung im Alltag brauche hole ich die Flasche aus meiner Tasche und mache Seifenblasen. Sie haben etwas Leichtes und viele Farben, das macht mich glücklich und es geht mir besser. Ich habe auch schon beim Warten auf die U- Bahn Seifenblasen gemacht. Da haben die Leute etwas komisch geguckt, aber das ist mir egal.
Petra
Die Vase aus Isfahan
Die Vase habe ich von meinem Vater geschenkt bekommen. Ich habe schon 5 Stück davon, immer wenn mein Vater mich besuchen kommt bringt er mir eine mit. Ich weiß nicht genau, ob er jedes Mal vergisst, dass ich schon mehrere habe. Diese Vasen sind im Iran sehr bekannt. Sie werden in Isfahan hergestellt und sind eine bestimmt Emaile- Technik, die auf Metall gearbeitet wird. Sie gefallen mir sehr gut. Mein Vater lebt in Teheran.
Shohreh
Das Fischbesteck
Ich habe als Kind bei meiner Großmutter gewohnt. Dort gab es jeden Freitag Fisch. Um 12 Uhr wurde dann immer gegessen. Daher kommt auch dieses spezielle Fischbesteck. Ich erinnere mich ganz gerne daran. Ich habe dieses Ritual versucht zu übernehmen und versuche, auch heute mit meinen Kindern um 12 Uhr zu essen. Das gibt etwas Struktur, klappt aber nicht immer. 12 Uhr ist sehr früh und oft passt es dann zum restlichen Tagesablauf nicht so ganz.
Sandra
Wohnzimmergespräche: „Zu Familienfesten fällt mir ein…“
im September haben wir im Hof der Siedlung in unserem mobilen Wohnzimmer mit Bewohner*innen gemeinsam Kaffee getrunken und Gespräche geführt. Viele haben uns erzählt, wie sie ihre Familienfeste feiern oder früher gefeiert haben. Berichtet wurde von großen Familienfeiern, gemeinsamen Grillen im Garten, Geburtstagsfesten und nachbarschaftlichen Feiern im Kleingarten oder auf dem Balkon. Viele Anekdoten und Ritale durchziehen diese Erzählungen. Es wurden sowohl schöne Erinnerungen benannt als auch der Wunsch, Familienmitglieder, die in anderen Ländern wohnen, häufiger zu diesen Feiern zu sehen. Die Erinnerungen und Assoziationen wurden auf Tafeln festgehalten, die in unserer Ausstellung zu sehen sind.